Ehrenverfahren

Die zweite Runde der Ehrenverfahren (= 2. Abrechnungszeitraum) wegen Verstoßes gegen die Nachweispflicht ist eingeläutet worden, wie der AKH-Vorstand auf Seite 18 in seinemTätigkeitsbericht schreibt.
Nachdem im Juli die letzten anhängigen Verfahren aus dem 1. Abrechnungszeitraum vor dem Ehrenausschuss in Wiesbaden abgehandelt worden sind, sind wegen des großen Erfolgs bereits die ersten Verfahren für den 2. Abrechnungszeitraum eingeleitet worden.

Auch von den letzten stattgefundenen Verfahren liegen uns Berichte und Aussagen von Mitgliedern vor, die die Umgangsform in ihrer mündlichen Verhandlung vor dem Ehrenausschuss eher einem „Strafverfahren“ denn einem „Berufsordnungsverfahren“ als angemessen erlebt haben.
Dies macht die eigentliche Aufgabe der Ehrenverfahren in Bezug auf die Nachweispflicht deutlich: nicht verstehen, sondern disziplinieren.

Im Übrigen steht noch die Entscheidung des VGH Kassel in einem Berufungs-Zulassungsverfahren gegen ein erstinstanzliches VG-Urteil aus.
Wir werden an dieser Stelle über den weiteren Fortgang berichten.

Fortbildungspflicht ist ernst zu nehmen – OVG-Urteile aus NRW

Auch in NRW sind bereits Ehrenverfahren vor dem Berufungsgericht verhandelt worden, die den Verstoß gegen die Fortbildungspflicht wegen Verletzung der Nachweispflicht sanktionieren.
Hier finden sie vier Urteile des OVG NRW mit den Aktenzeichen:

6s E 1629/08.S
6s E 1631/08.S
6s E 1638/08.S
6s E 1640/08.S

Diese Urteile bestätigen die Sanktionierung von Verstößen gegen die Fortbildungsordnung in NRW.
Bemerkenswert dabei:
aus dem Urteil  6s E 1629/08.S ist herauszulesen, dass die Architektenkammer NRW gegen das Urteil des Berufsgericht Einspruch erhoben hatte mit folgender Begründung:
„Das Berufsgericht setze sich über die Regelung des § 1 Abs. 2 FuWO hinweg, wonach eine Ausnahme von der Fortbildungspflicht nur für diejenigen Mitglieder bestehe, die das 65. Lebensjahr vollendet hätten und nicht mehr berufstätig seien. Zwar habe der am 27. August 1942 geborene Beschuldigte bereits das 65. Lebensjahr vollendet; er sei aber nach seinen eigenen Angaben weiterhin beruflich tätig. Hierbei sei gleichgültig, ob ein Mitglied nur in einem geringen Umfang tätig sei, gelegentlich aus Gefälligkeit Aufträge annehme oder nur hobbymäßig als Architekt tätig werde. In allen Fällen sei er berufstätig und unterfalle damit der Fortbildungsverpflichtung. Dass das Berufsgericht die Nichtfortbildung im fortgeschrittenen Alter als geringfügigen Verstoß ansehe, könne von der Antragstellerin unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes nicht nachvollzogen werden. Ihr seien genügend Fälle bekannt, in denen noch über 70jährige Mitglieder beruflich tätig seien. Derzeit seien bei ihr noch 1524 Mitglieder, die bereits das 65. Lebensjahr erreicht hätten, „freischaffend“ tätig und in die Architektenliste der Antragstellerin eingetragen. Damit sei eine Berufstätigkeit in diesem Alter kein Sonderfall. Auch ältere Mitglieder müssten sich über die geltenden Bestimmungen auf dem aktuellen Stand halten, um dieses Wissen an ihre Auftraggeber weitergeben zu können. Sinn und Zweck der Fortbildungsverpflichtung sei gerade, dem Verbraucher ein hohes Maß an Qualifikation und Leistungsfähigkeit der Mitglieder der Antragstellerin zu gewährleisten.“

Folgt man dieser Argumentation, so scheint die Festsetzung einer Altersgrenze für die Nachweispflicht, die mit der Novellierung der Fortbildungsordnung in Hessen von 65 auf 60 Jahre heruntergesetzt worden ist, nicht mehr als eine Farce zu sein. Da gerade diese Altersgruppe in den vergangenen Jahren vehement Kritik geübt und ihre ablehnende Haltung gegenüber der Nachweispflicht deutlich gezeigt hatte, steht wohl eher die Absicht hinter der Neuregelung, diesen Mitgliedern „den Wind aus den Segeln zu nehmen“.
Es kann daher nur eine Lösung für die Nachweispflicht geben: die Abschaffung der Nachweispflicht!

In einem anderen, uns vorliegenden Urteil hat das Berufsgericht die Höhe des Bußgelds bei 300 € je erforderlichen Fortbildungstag festgelegt.
Auf Hessen übertragen würde dies bedeuten:
für den 1. Abrechnungszeitraum (32 Fortbildungspunkte, 4 tage in 2 Jahren) maximal 1.200 EUR; für den 2. Abrechnungszeitraum (48 Punkte, 6 Tage) maximal 1.800 EUR.

VGH Kassel bestätigt Fortbildungsordnung, Nachweispflicht und Sanktionen

In einem uns vorliegenden Beschluss vom 17.03.2010 lehnt der 7. Senat des Hessischen VHG in Kassel in zweiter Instanz den Antrag eines Mitglieds der AKH auf Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil ab.
Da „dieser Beschluss unanfechtbar ist“, ist aus unserer Sicht der Weg, gegen die Nachweispflicht auf dem gerichtlichen Weg vorzugehen, bis auf Weiteres versperrt.
Es bleibt den Mitgliedern der AKH nur der politische Weg über die Wahl der Vertreterversammlung und persönliche Willensbekundungen gegenüber der Kammer.

Nach Auffassung des VGH stehe die mit dem Hessischen Architekten- und Stadtplanergesetz (HASG) vorhandene Rechtsgrundlage in Einklang mit Art. 12 und Art. 20 GG. Die Rechtmäßigkeit des Bescheids sei sowohl in formeller als auch materiell-rechtlicher Hinsicht gegeben.
Denn mit den genannten Regelungen werde ein zulässiges gesetzgeberisches Ziel mit geeigneten und erforderlichen Mitteln auf angemessene Weise verfolgt.
Aus diesem Grunde würden auch die Nachweispflicht und die Sanktionen nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen.
Bemerkenswert an der Begründung ist, dass die nähere Ausgestaltung der beruflichen Fortbildungsverpflichtung nach Inhalt und Umfang der zu absolvierenden Veranstaltungen nicht dem Hessischen Landtag als hessischem Gesetzgeber (Parlamentsvorbehalt) unterliege und auch nicht zwingend durch Rechtsverordnung zu regeln sei – ganz im Sinne des Prinzips der Selbstverwaltung autonomer Körperschaften, das das demokratische Prinzip ergänze. Der Gesetzgeber dürfe sich zwar einerseits im Rahmen einer zulässigen Autonomiegewährung – etwa von körperschaftlich organisierten Berufskammern – nicht völlig der Verantwortung für die Rechtsetzung entäußern. Er müsse jedoch andererseits den Berufsverbänden in Anerkennung ihrer Autonomie und ihrer besonderen Sachkenntnis die Möglichkeit zur Regelung der Berufsausübung insoweit belassen, als deren Satzungen keine intensiven Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit beinhalten
An anderer Stelle stellt der VGH fest, dass die Nachweispflicht zwar in § 17 Abs. 3 HASG nicht vom Gesetzgeber selbst begründet worden sei; diese Verpflichtung stelle jedoch einen so geringfügigen Eingriff dar, dass sie weder einer Reglung in einem formellen Gesetz noch in einer Rechtsverordnung nach § 22 Abs. 1 Nr. 4 HASG bedürfe.
Damit wird deutlich gesagt, dass die Mitglieder der AKH auf dem politischen Weg (Wahl der Vertreterversammlung,  persönliche Willensbekundungen gegenüber der Kammer) die Durchführungspraxis der Fortbildungsverpflichtung in Form von Satzung und sanktionierter Nachweispflicht selbst bestimmen können!
Die Abschaffung der Nachweispflicht werden wir zu gegebener Zeit – spätestens bei den nächsten Kammerwahlen – wieder zum Thema machen!

Möchten Sie weitere Informationen zum Thema „Stand der Ehrenverfahren und Gerichtsurteile“, schreiben Sie uns (aus rechtlichen Gründen nur für Mitglieder der AKH).