Keine Veränderung beim Thema neue Beitragsordnung auf der VV am 06.10.2021

Die Vertreterversammlung am 06. Oktober 2021 fand dieses Mal als Hybrid-Veranstaltung statt (der Präsenzteil in der Stadthalle Limburg). Die Art der Teilnahme war jedem Vertreter*innen freigestellt. 36 Vertreter wählten die Präsenz in Limburg, um die 19 Vertreter*innen nahmen online teil. 

Das Veranstaltungsmanagement war nach den Erfahrungen der letzten beiden Veranstaltungen professioneller    sowohl in Bezug auf die Organisation als auch auf die Durchführung der hybriden Veranstaltung inklusive des digitalen Abstimmungsverfahrens. Auf der Agenda stand nur ein einziges Thema: 

Findung einer neuen Beitragsordnung

Der Vorstand der AKH hatte hierfür ausdrücklich diese separate Vertreterversammlung angesetzt, um das schon seit 2014 immer wieder in verschiedenen Anläufen bearbeitete Thema „Beitragsstrukturreform“ in einem neuen finalen Versuch beschließen zu lassen. Im Nachgang gab der Schatzmeister, Herr Exler, noch einen kurzen Stand zur Renovierung des Kammergebäudes (nicht Thema dieses Artikels).

Zur Diskussion standen beim Thema „Beitragsstrukturreform“ 2 Modelle:

  •  das statusunabhängige, einkommensabhängige „Gleitzonenmodell“ des BDB – bereits in der letzten VV vorgestellt (siehe hierzu Artikel „Interessante Entwicklung beim Thema Beitragsstrukturreform“ vom 14. November 2020 auf unserer Webseite)
  •  ein statusunabhängiges „Ein-Beitrag-Modell“ des VfA

Um es vorweg zu nehmen:

Weder das Modell des BDB noch das Gegenmodell des VfA fand eine Mehrheit der anwesenden Vertreter*innen, so dass alles beim Alten bleibt und die alte Beitragsordnung die neue Beitragsordnung sein wird.

In einer intensiv und engagiert geführten Debatte wurden nicht nur eine Vielzahl von Argumenten für oder gegen die jeweiligen Modelle ausgetauscht, sondern es zeigten sich auch unerwartete positive Aspekte und Argumente, aber teilweise leider auch ernüchternde Haltungen und Statements verschiedener Vertreter*innen, Wahlgruppen und Verbände.

Negativ muss aus Sicht der FoN festgestellt werden, dass sich die Wahlgruppe WGAÖ (Wählergemeinschaft der Architektinnen und Architekten im öffentlichen Dienst) als reine Klientelvertretung zeigte, die nur „Ihre“ Wähler und Mitglieder im Blick hat und jegliche Modifizierung hin zu einer gerechteren, sozialer ausgerichteten Beitragsstruktur strikt ablehnte. Welch Wandel! War doch die WGAÖ zu Beginn der Diskussionen im Jahre 2014 mit der FoN und IHA zusammen einer der stärksten Verfechter für eine neue Beitragsstruktur in Form eines mehrstufigen Systems.

Erwähnt werden sollte an dieser Stelle der Hinweis eines Vertreters der WGAÖ, dass man „seinen“ angestellten und beamteten Kollegen*innen und Mitgliedern eine aufgrund ihrer Einkommenssituation doch erhebliche Beitragssteigerung nicht vermitteln bzw. zumuten könne und daher mit vielen Austritten zu rechnen sei. Dies sorgte bei der FoN und vielen anderen Vertretern*innen für Unverständnis und Kopfschütteln. Unter anderem wurde angemerkt, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass gutverdienenden Wähler der WGAÖ Höchstbeiträge nicht zuzumuten seien – bekanntlich beziehen Architektinnen und Architekten des öffentlichen Dienstes bereits mit Arbeitsantritt im öffentlichen Dienst ein überdurchschnittlich hohes Grundgehalt. Auch die sich daraus ergebende unsolidarische Haltung der WGAÖ gegenüber den nicht so gut verdienenden Mitgliedern der Kammer erschreckte eine Vielzahl der Vertreter*innen.

Des Weiteren überraschte ein Statement des VfA, dass man doch mit dem Antrag eines „Einheitsbeitrages“ im Prinzip dasselbe Ziel verfolge wie der BDB, aber auf anderer Basis. Ein „Gleitzonenmodell“ dasselbe Prinzip wie ein Einheitsbeitrag? Verstehen mögen solche Aussagen und Haltungen andere…..

 

Positiv überraschte dafür die Offenheit anderer Vertreter*innen gegenüber dem BDB-Modell, die darin die Chance für ein echtes neues statusunabhängiges, solidarisches und gerechteres Beitragsmodell erkannten. Leider konnten sich diese Vertreter*innen in der finalen Abstimmung doch nicht zu einem Votum für das BDB-Modell durchringen, da ihnen wohl noch einige Punkte zu unklar erschienen.

Die Abstimmung über das BDB-Modell erfolgte auf Antrag der WGAÖ geheim, über den VfA-Antrag wurde offen abgestimmt. Beide Ergebnisse waren denkbar knapp, wobei der BDB-Antrag aufgrund seiner satzungsändernden Wirkung eine qualifizierte Mehrheit von 33 Ja-Stimmen erfordert hätte, die dann doch deutlich verpasst wurde. Der VfA-Antrag wäre mit einer einfachen Mehrheit angenommen worden, da er keine Satzungsänderung bedurft hätte.

Ergebnis BDB: 22 Ja; 21 nein; 8 Enthaltungen  =  Antrag abgelehnt

Ergebnis VfA: 24 Ja; 26 nein; 3 Enthaltungen  =  Antrag abgelehnt

Auch wenn die Abstimmungen zu keiner Entscheidung für ein neues Modell führten und durch die damit verbundene Beibehaltung der alten Beitragsordnung den Mitgliedern der WGAÖ eine Veränderung ihrer Beiträge „erspart“ bleibt, bewerten wir von der FoN als Befürworter und Unterstützer des BDB-Modelles den Ausgang der Abstimmungen mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Zum einen konnte der „Einheitsbeitrag“ bereits zum zweiten Mal verhindert werden – im ersten Anlauf fand seinerzeit der Antrag des Vorstandes keine Mehrheit. Zum anderen ist es leider wieder nicht gelungen, ein neues statusunabhängiges solidarisches und gerechteres Beitragsmodell zu verabschieden.

Trotz dieses Ausganges wird die FoN vor allem aufgrund der positiven Resonanz und Gespräche in der Vertreterversammlung bzgl. des BDB-Modelles weiterhin alles daran setzen, das Thema neue Beitragsordnung hin zu einem statusunabhängigen solidarischen und gerechteren Beitragsmodell voranzutreiben.

Fakten, Hintergründe, Meinungen und Reaktionen zu den Beitragsmodellen des BDB und VfA

Bei der Vertreterversammlung am 06. Oktober 2021 standen zwei Beitragsmodelle zur Diskussion, die unterschiedlicher in Ihrer Ausprägung und Wirkung kaum sein konnten. 

  • das statusunabhängige, einkommensabhängige „Gleitzonenmodell“ des BDB 
  • ein statusunabhängiges „Ein-Beitrag-Modell“ des VfA

Gemein war beiden Modellen lediglich der Ansatz, dass es innerhalb der neuen Beitragsordnung keine Unterscheidung mehr in angestellte und selbstständige Architekten*innen geben soll (statusunabhängig).

Kurz zur Ausgangslage:

Die seit 2014 geführte Diskussion über die Novellierung des Beitragsmodelles mündete nach mehreren Versuchen, ein neues Beitragsmodell zu verabschieden und zu implementieren, im Jahre 2016 in einem von der alten Vertreterversammlung einstimmig (bei einer Enthaltung) gefassten Beschluss: Beschlossen wurde die Einführung eines statusunabhängigen, einkommensunabhängigen, mehrstufigen Beitragsmodell (Siehe auch hierzu Artikel „Bahnbrechende Entscheidung beim Thema Beitragsstukturreform“ und im DAB Januar 2017).

Auf diesen Beschluss, der bis heute Gültigkeit hat und rechtsverbindlich ist, galt es, im neuen Anlauf in der VV am 06. Oktober zur Findung einer neuen Beitragsordnung anzusetzen. Da diese wichtige Tatsache vor allem den neuen Vertreter*innen, die bei der damaligen Abstimmung noch nicht Mitglieder der Vertreterversammlung waren, aber auch sicherlich bei einigen „älteren“ Vertreter*innen nicht bekannt bzw. nicht mehr in Erinnerung war, machte Jürgen Schulz-Anker (FoN) explizit in einem Statement darauf aufmerksam, da die Präsidentin Frau Holz in ihrer Einführung nicht darauf hingewiesen hatte.

Während der Antrag des BDB dem damals gefassten Beschluss entsprach und sogar in seiner Ausfertigung und Variabilität optimiert worden war, überraschte der Antrag eines „Ein-Beitrag-Modell“ des VfA, da dieser diametral dem Beschluss aus dem Jahre 2016 entgegenstand. Auch hierauf hatte Jürgen Schulz-Anker in seinem Statement hingewiesen und die Frage aufgeworfen, ob daher der VfA-Antrag überhaupt behandelt werden solle. Des Weiteren stellte er die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Antrages, war doch ein ähnliches Modell eines Einheitsbeitrages bereits zu Beginn der Beitragsstrukturdebatte im Jahr 2014 vom Vorstand der AKH ausgearbeitet, propagiert und zur Abstimmung gestellt worden, jedoch in der darauffolgenden Vertreterversammlung gescheitert. Dieser Vorstoß fand jedoch keine breite Zustimmung, so dass beide Anträge vorgestellt, diskutiert und zur Abstimmung gebracht wurden.

Warum fand keiner der beiden Anträge eine Mehrheit in der VV?

Die Hauptgründe liegen wohl in den „Systemen“ der beiden vorgestellten Modelle. Das Modell des Einheitsbeitrages wurde von einer Vielzahl der Vertreter*innen als ungerecht und unsolidarisch abgelehnt trotz des vermeintlich „gerechten“ einheitlichen Beitrages für alle. Viele Mitglieder ließen erkennen, dass es nicht vermittelbar sei, wenn gutverdienende Kollegen*innen eine Beitragssenkung erhalten, aber geringverdienende Kollegen*innen eine Erhöhung, die quasi die besserverdienenden Kollegen*innen „subventionieren“ würde. Vor allem im Verhältnis von selbstständigen Büroinhabern*innen gegenüber ihren angestellten Kollegen*innen wurde eine große Diskrepanz und Vermittlungsproblematik gesehen.

Auch das „Gleitzonenmodell“ des BDB wurde kritisch bewertet. Hauptkritikpunkt war, dass die obere und untere Beitragsgrenze zu dicht beieinander lag und somit der Effekt der Spreizung zwischen den Grenzen zu gering war. Des Weiteren missfiel, dass die untere Grenze mit einem zu hohen Beitrag und die obere Grenze mit einem zu niedrigen Beitrag angesetzt war. Dies hätte dazu geführt, dass die geringverdienenden Kollegen*innen deutlich mehr belasten worden wären zu Lasten der besserverdienenden Kollegen*innen. Interessanterweise war zwischen den Zeilen bei einigen Vertretern*innen herauszuhören, dass sich bei einer Modifikation durch Vergrößerung der Spreizung zwischen der unteren und oberen Beitragsgrenze bei gleichzeitiger Absenkung der unteren Grenze und Anhebung der oberen Grenze ein größeres Zustimmungspotential ergeben hätte.

Objektiv betrachtet ist aufgrund der vorgebrachten Argumente, Äußerungen und teilweise berechtigten Kritik nachvollziehbar, dass es zu keiner finalen Entscheidung kam.

Aufgrund der o.g. positiven Reaktionen für das „Gleitzonenmodell“ besteht doch die Hoffnung, eine neue statusunabhängige, soziale und gerechte Beitragsordnung zu finden. Die FoN wird sich hierfür weiterhin einsetzen.

Vergleich Beitragsmodelle BDB und VfA

Bei der Vertreterversammlung am 06. Oktober 2021 standen 2 Beitragsmodelle zur Diskussion:

  • ein statusunabhängiges, einkommensabhängiges „Gleitzonenmodell“ des BDB
  • ein statusunabhängiges „Ein-Beitrag-Modell“ des VfA

Nachfolgend eine zusammenfassende Vorstellung beider Modelle.

Einführend hierzu eine kurze Erklärung des Begriffs „statusunabhängig“: Gemäß der gültigen Beitragsordnung erfolgt die Beitragsfestsetzung auf Basis des Status jedes einzelnen Mitgliedes in seiner Tätigkeit als angestellte/r oder selbstständige/r Architekt*in. Dieser Status wirkt sich auf die jeweiligen Beiträge aus. Selbstständige Architekten zahlen einen Regelbeitrag, angestellte Architekten*innen einen verminderten Beitrag (aktuell die Hälfte des Regelbeitrag für Selbstständige).

Seit Beginn der Diskussion über die Novellierung des Beitragsmodelles im Jahr 2014 wurde zeitgleich über die Auflösung dieser Statuskonstellation debattiert mit dem Ziel, in der neuen Beitragsordnung nicht mehr in angestellte/r oder selbstständige/r Architekt*in zu unterscheiden. Der Ansatz, diese statusbezogene Unterscheidung abzuschaffen, fand eine breite Zustimmung innerhalb der Vertreterversammlung. Beide nun in der VV eingereichten Modelle basieren auf diesem Ansatz eines statusunabhängigen Beitragsmodelles. Das bedeutet jedoch nicht, dass in geschäftlichen Verhältnissen die Unterscheidung in angestellte und selbstständige Architekten*innen aufgelöst werden soll. Diese bleibt weiterhin bestehen.

Prinzip „Gleitzonenmodell“ BDB:

Das „Gleitzonenmodell“ des BDB basiert auf der Idee eines einkommensabhängigen Modells mit einem Höchstbeitrag, einem Mindestbeitrag und einer zwischengeschalteten „Gleitzone“. Der Mindest- und Höchstbeitrag stellt die untere bzw. die obere Grenze des Modells dar. Wer also bis zur Untergrenze oder weniger verdient, zahlt den Mindestbeitrag, wer mehr verdient als die Obergrenze bezahlt den Höchstbeitrag. In der zwischengeschalteten „Gleitzone“ erfolgt eine individuelle Beitragsfestlegung entsprechend dem Verdienst/Einkommen des jeweiligen Mitgliedes. Geringverdienern*innen unterhalb des Mindestbeitrages soll mittels einer Härtefallregelung die Möglichkeit der Kammermitgliedschaft ermöglicht werden.

Für die Ermittlung und Festlegung der jeweiligen Beiträge werden lediglich der individuelle Versorgungswerkbeitrag jedes Mitgliedes benötigt, den das Mitglied selbstständig auf einem speziell dafür eingerichteten Portal der AKH-Homepage eingibt. Die Beitragsfestsetzung erfolgt dann automatisch mittels vordefinierter Formel. Auch wenn das Modell auf den ersten Blick vielleicht etwas aufwendig erscheint, ist es jedoch bei genauer Betrachtung aufgrund seines Systems und mit Hilfe digitaler Technik (Software/Programm/Portal) für jeden einfach zu handhaben, garantiert einen gerechten Beitrag sowie die erforderliche Deckung für den Haushalt.

Prinzip „Einbeitragsmodell“ VfA

Das „Ein-Beitrag-Modell“ des VfA basierte auf der Idee der Gleichstellung aller Mitglieder: „Ein Beitrag für alle“ –  ein Mitglied, ein Beitrag. Hier greift das Prinzip eines einheitlichen Beitrages für jedes Mitglied, egal ob als Gering-, Mittel- oder Spitzenverdiener*in, als Mitglied mit Halbtagsstelle oder als Inhaber*in eines florierenden Büros – alle Mitglieder zahlen den gleichen Beitrag.

Der Beitrag ist so angesetzt, dass er die erforderliche Deckung für den Haushalt garantiert, kann jedoch jedes Jahr neu festgesetzt werden, wenn es die haushalterische Lage erfordert. So einfach und vermeintlich charmant das Modell eines „Einheitsbeitrages“ auf den ersten Blick erscheint, bei näherer Betrachtung fällt auf, dass die persönlichen Situationen und Lebenslagen der Mitglieder vollkommen außer Acht gelassen werden. Lediglich extreme Härtefälle können mittels einer Härtefallregelung abgemildert werden.